Fachtag: „Zwischen Bildungsanspruch und Berufsperspektiven. Überfachliche Kompetenzen im Studium entwickeln.“

Theorie und Praxis im Dialog ‑ Unter diesem Motto setzt HD Text+ e.V. mit dem 2. Fachtag am 01.09.2017 in Leipzig die 2016 erfolgreich begonnene Reihe zum fachbezogenen Austausch in Kooperation mit dem Projekt „Lehrpraxis im Transfer plus“ fort.

Der Fachtag gibt Lehrenden der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften, Hochschuldidaktiker*innen, Studiengangentwickler*innen und Fachinteressierten die Gelegenheit zum Gedankenaustausch und zur Vernetzung rund um die fachbezogene Gestaltung von Lehren und Lernen.

Thema 2017: „Zwischen Bildungsanspruch und Berufsperspektiven – Überfachliche Kompetenzen im Studium entwickeln“

Mit dem Fachtag 2017 wollen wir Kompetenzen in den Blick nehmen, die unter Begriffen wie Schlüsselqualifikationen, transferable skills, überfachliche Kompetenzen diskutiert werden, gerade weil sie sowohl Grundlage eines allgemeinen Bildungsanspruchs als auch Bindeglied zwischen Studium und beruflicher Tätigkeit beziehungsweise gesellschaftlichem Engagement sein können.

Wenn über die Frage diskutiert wird, wozu wir heute Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften brauchen – wie es auch in jüngster Zeit immer wieder geschieht – , geht es oft sowohl um die individuellen Werdegänge und Berufsperspektiven der Absolvent*innen als auch um die gesellschaftliche Relevanz dieser Fächer. So verweist etwa Wolfgang Hallet darauf, dass universitäre Bildung auf zwei Anforderungspole ausgerichtet sei, die häufig im Widerstreit stehen: die Selbstbestimmung des Individuums und die Anforderungen der Gesellschaft (Hallet 2013, 14f.). In der Diskussion schwanken die Einschätzungen dabei zwischen dem Anspruch, dass geistes- , sozial- und kulturwissenschaftliche Welterklärung angesichts komplexer Weltlagen nötiger sei denn je, und Befürchtungen durch eine allzu starke Berufsorientierung den kritischen Impetus zu verlieren oder durch Naturwissenschaften und Technik an den Rand gedrängt zu werden.

Solche Diskussionen lassen sich durch die Frage konkretisieren, was Geistes-, Sozial- und Kulturwissen-schaftler*innen genau können und in die Gesellschaft einbringen. Die vom Wissenschaftsrat (2014, 2015) geforderte Ausgestaltung akademischer Bildung in den Dimensionen (Fach-)Wissenschaft, Persönlichkeits-bildung und Arbeitsmarktvorbereitung findet u.a. in der Debatte um Schlüsselkompetenzen einen Konden-sationspunkt. Laut Niclas Schaper handelt es sich dabei „… um Kenntnisse, Fähigkeiten und Einstellungen, die domänenübergreifend sowie multifunktional und polyvalent anwendbar sind und Personen befähigen, fachliches Wissen und Können in komplexen und schwierigen beruflichen Alltagssituationen, aber auch in neuen und ungewohnten Situationen zur Anwendung zu bringen.“ (2012: 18)

Wie sich in der hochschuldidaktischen (Weiterbildungs-)Praxis zeigt, bieten sich Fachgutachten und Modelle als Ausgangspunkt für die Diskussion an, bedürfen aber der kontextbezogenen Anpassung, der Weiter- und gegebenenfalls Neuentwicklung. Hier wollen wir mit dem Fachtag ansetzen und unter anderem folgende Fragen diskutieren:

Unter welchem Begriff und mit welcher Intentionen werden überfachliche Kompetenzen in verschiedenen disziplinären und interdisziplinären Kontexten diskutiert? Wofür und in welcher Ausprägung sollen bzw. können überfachliche Kompetenzen im Studium entwickelt werden? Wie sieht eine didaktisch sinnvolle Verzahnung von Theorie und Praxis im Studium der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften aus? Wie können Lehrende diese Prozesse angemessen begleiten?

Dabei sind grundsätzlich zwei Herangehensweisen an das Thema vorstellbar:

Zum einen kann eine Konkretisierung versucht werden, indem allgemein danach gefragt wird, was überfachliche Kompetenzen sind und wie sich diese konzeptionell fassen lassen. Beispielsweise nimmt das DeSeCo-Projekt („Definiton and Selection of Competencies: Theoretical and Conceptual Foundations“, 2005) eine konzeptionelle Rahmung des Schlüsselkompetenzbegriffs vor. Detlef Ulfert (2015) schlägt ausgehend von den vier Lernräumen Selbstkompetenz, Sozial-kommunikative Kompetenz, Sachkompetenz, gesellschaftliche Kompetenz eine Differenzierung in Bezug auf das Studium vor. Im Kontext des wissenschaftlichen Arbeitens weist die Schreibdidaktik umfangreiche Ergebnisse empirischer Forschung vor und bietet darauf aufbauend bereits weit ausgearbeitete didaktische Konzepte an (u.a. Lahm 2016, Preußer/Sennewald 2012).

Zum anderen lässt sich die Frage nach überfachlichen Kompetenzen auch aus den Fächern heraus stellen. Hier wird eine dezidierte Fachperspektive auf didaktische Fragestellungen eingenommen, die in eine fachbezogene Ausgestaltung von Kompetenzprofilen und Diskussionsbeiträge zur Ausrichtung von Studienprogrammen u.ä. münden kann. So werden beispielsweise Vorschläge für „Berufliche Orientierung im Fach Geschichte“ (Menne 2016) entwickelt oder im Rahmen von Projektlehre oder Service Learning Fachkomptenzen in Praxisfeldern erprobt.

Mit dem Fachtag wollen wir allgemeine und fachbezogene Ansätze zu überfachlichen Kompetenzen und Schlüsselqualifikationen verbinden, eine erste Bestandsaufnahme vornehmen und Potenziale erkunden.

Das erwartet Sie:

Zunächst führt eine kollaborative Keynote aus verschiedenen Perspektiven in das Thema ein und eröffnet den Austausch. Die anschließende Postergalerie soll vorhandene Ansätze, Projekte und Ideen sichtbar machen und einen Anlass für weiterführende Gedanken und Fragen schaffen. In drei parallelen Tracks (s.u.) wird der Austausch in einem moderierten Arbeits- bzw. Diskussionsprozess fortgeführt. Das Thema dieser Arbeitsphasen setzt jeweils einen Rahmen, die konkrete inhaltliche Ausgestaltung bestimmen Sie als Teilnehmende. Abschließend werden die Diskussions- bzw. Arbeitsergebnisse in einem Abschlussplenum zusammengeführt, um daraus Vorschläge für die weitere Arbeit abzuleiten.

In den Tracks beschäftigen Sie sich mit vorhandenen Modellen und Konzepten aus unterschiedlichen Bereichen bezüglich ihrer Anschlussfähigkeit für die geistes-, sozial- und kulturwissenschaftliche Lehre. Unsere vorläufige Planung sieht vor, dass wir uns dem Thema aus drei Richtungen nähern:

Track 1: Akademische Bildung – was Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaftler*innen im Studium lernen und wie

Der Track bietet Raum, Möglichkeiten und Grenzen fachimmanenter und fachübergreifende Ansätze sowie deren Aufbereitung aus der Lehrperspektive zu diskutieren.

Leitfragen für diesen Track sind:

  • Auf welche Modelle, Ansätze etc. zu Beschreibung und Entwicklung von Schlüsselkompetenzen können wir zurückgreifen?
  • Verfügen wir über passende didaktische Herangehensweisen oder sind fachbezogene Anpassungen und Weiterentwicklungen notwendig?
  • Wie lässt sich das Spannungsfeld zwischen Bildungsanspruch, Persönlichkeitsentwicklung und Berufsperspektiven gestalten?
  • Lässt sich eine Progression durch die Qualifikationsziele im Curriculum abbilden und wenn ja, wie?

 Track 2: Berufsfeldbezogene Kompetenzen – in welchen Praxisfeldern und wozu wird geistes-, sozial- und kulturwissenschaftliches Denken gebraucht

Hier setzen Sie sich mit fachbezogenen Kompetenzprofilen und Zielformulierungen aus der Perspektive der Employability auseinander.

Leitfragen für diesen Track sind:

  • Welche Schlüsselkompetenzen gilt es aus berufspraktischer Perspektive im Studium zu entwickeln?
  • Welche Anschlussstellen und Verknüpfungen zur beruflichen Praxis ergeben sich im Kontext der akademischen Bildung?
  • Wie können wir als Studiengang- und Modulverantwortliche, Lehrende oder Berater*innen Lernräume so gestalten, dass sie Studierende für den Transfer im Studium erworbener Kompetenzen in berufliche Kontexte fit zu machen?

 

Track 3: Schlüsselkompetenzen konkret: Lesen und Schreiben

Lesen und Schreiben bilden den Kern wissenschaftlichen Arbeitens. Gleichzeitig finden sich in diesem Bereich die meisten konkreten hochschuldidaktischen Konzepte. Zahlreiche Lehr-Lern-Projekte können mit Umsetzungserfahrungen in der Lehre aufwarten. Dieser Track widmet sich dem Erfahrungsaustausch und der vergleichenden Auswertung des Vorhandenen und der fachspezifische Schärfung der vorhandenen Ansätze für Geistes-, Sozial und Kulturiwssenschaften..

 Der Fachtag wird von HD Text+ e.V. gemeinsam mit dem Verbundprojekt Lehrpraxis im Transfer plus veranstaltet.

Wir freuen uns, wenn Sie die Diskussion mit Ihren Ideen, Fragen und Erfahrungen bereichern.

1 Kommentar zu „Fachtag: „Zwischen Bildungsanspruch und Berufsperspektiven. Überfachliche Kompetenzen im Studium entwickeln.““

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